POL POTS LÄCHELN

oder Recherchen zum guten Glauben

Mit Anne Hoffmann

Video Ines Schiller

Bühne Moritz Frei

Dank an

Peter Fröberg Idling und Theaterdiscounter Berlin sowie den Berliner Senat

Wie sehr verstellt unsere Absicht unseren Blick?

Wie gehen wir damit um, wenn wir zugeben müssen, Entscheidendes nicht gesehen zu haben?

Und was übersehen wir heute?

Die siebziger Jahre. Der Vietnamkrieg und die Politik der USA mobilisieren viele junge Menschen in Deutschland und Europa. Auf den Straßen demonstrieren sie für den Frieden, kämpfen gegen die imperiale Ausbeutung der Länder der Dritten Welt, immer auf der Seite der Ent­rechteten und Mittellosen. Sie verfassen Flugblätter, reden sich die Köpfe heiß, studieren Marx und Mao, sammeln Gelder für die Unterstützung der Befreiungskämpfe in Vietnam, Kambodscha, Zimbabwe und anderswo. 

1975 übernehmen die kommunistischen Roten Khmer in Kambodscha die Macht. Sie proklamieren einen unabhängigen, gerechten Staat, in dem niemand mehr hungern muss und alle gleich sind. Gruppierungen der westlichen Linken – beispielsweise der KBW (Kommunistischer Bund Westdeutschland)  – unterstützen und verteidigen die Politik der Roten Khmer im festen Glauben, dort entstehe eine bessere Welt. 


Wir, die Schauspielerin Anne Hoffman und Regisseurin Ruth Messing, versuchen zu verstehen. Ba­sierend auf der literarischen Reportage von Peter Fröberg Idlings Pol Pots Lächeln, Zeitungs- und Radiomeldungen, Interviews, Zeugenberichten und Reisetagebüchern versuchen wir, das Geschehene zu rekonstruieren und die Vergangenheit aufzuarbeiten.

 

Entstanden ist ein ca. einstündiger Soloabend für eine Schauspielerin. Sie schlüpft in schnellen Wechseln in verschiedene Figuren, befragt, erzählt, erinnert sich. Sie setzt sich mit der damaligen Verstrickung ihrer eigenen engagierten Eltern auseinander und bearbeitet ein Stück Geschichte – individuelle Geschichte wird in Beziehung gesetzt zur politischen Geschichte und zur Geschichte zwischen zwei Generationen.

Fotos: Kathrin Keusch 

RADIO INTERVIEWS

PORTFOLIO

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PRESSE

"Mein Theatererlebnis 2016. Das mit Abstand beeindruckendste Stück was ich gesehen habe."

Gerti von Radio Magic City Six 

 

„Highlight des „Friedenslabors“" Neue Osnabrücker Zeitung, 18.4.2016 

 

Saarbrücker Zeitung, Silvia Buss, 07.01.2017

Sieht man nur, was man sehen will?

„Pol Pots Lächeln“ als Gastspiel in der Saarbrücker Sparte 4                   

In den 70er Jahren brachte das Schreckensregime von Pol Pots Roten Khmer 1,6 Millionen Kambodschanern den Tod. Ein performativer Abend in der Sparte 4 mit der Schauspielerin Anne Hoffmann erinnerte daran, wie auch an das damalige Versagen eines Teils der Linken in Europa.

Hätten sie es nicht sehen können, ja müssen? Das ist die – durchaus moralische – Leitfrage, die sich wie ein roter Fragen durch diesen Donnerstagabend in der Sparte vier zieht. Darin geht es um die Blindheit einer linken schwedischen Delegation, die sich 1978 nach Kambodscha begab und lauter lachende, glückliche Menschen wahrnahm. Wie konnten sie nur so blind sein und nicht sehen, dass Pol Pot und seine Roten Khmer statt eines gerechten Bauernstaats ein Terrorregime anführten, dem ein Viertel der Bevölkerung zum Opfer fiel?

Das recherchierte der Journalist Peter Froberg Idling, in seinem literarischen Reisebericht „Pol Pots Lächeln“, den Schauspielerin Anne Hoffmann und Regisseurin Ruth Messing zur Grundlage für ihren performativen Abend gleichen Titels nahmen. Er gelingt nicht zuletzt wegen des Verzichts auf jede Hinterher-ist-man-immer-schlauer-Überheblichkeit. So wie Idling in seinem Buch lassen sie viele Stimmen und Perspektiven zu Wort kommen. Auch die Form, mit der sie Licht ins Dunkel bringen wollen, überzeugt: Hoffmann lässt sich auf der nachtschwarzen Bühne von Moritz Frei mal von nackten Glühbirnen, Taschen-, Stirn- oder auch Stehlampe erhellen, während sie in diversen Rollen schlüpft. Sie wird zum Reisbauern, der von der Einfachheit, Brüderlichkeit Pol Pots schwärmt; zum Delegationsmitglied, das eingesteht, das man nicht nachfragte, was aus verschwundenen Personen wurde, die einem sogar nahestanden.

Zu loben ist auch, wie Hoffmann und Messing es geschafft haben, die 370 Seiten Idlings „einzudampfen“ und gleichzeitig die Informationen über die damalige Zeit so einzubringen und zu verteilen, dass man auch ohne Vorkenntnisse im Bilde ist. Ohne dass es nach Lexikon-Vortrag klingt. Was den Abend aber erst richtig spannend macht, ist, dass Hoffmann sich mit ihrem eigenen Ich und der Geschichte ihrer Eltern und deren Weggefährten einbringt. Denn nicht nur die schwedische Linke bejubelte Pots Kampuchea als „Inspirationsquelle für die Völker der Welt“, sondern auch der maoistische Kommunistische Bund Westdeutschlands. Dessen Umgang mit den „kognitiven Dissonanzen“ reflektiert sie in wechselnden Rollen zuerst selbst, um dann die authentischen Stimmen aus dem Off einzuspielen.

Neben all dem gezeigten Rum eiern und viel Ratlosigkeit kommt die Auseinandersetzung mit den eigenen autoritären Strukturen zwar etwas zu kurz. Was aber zurückbleibt, ist die tatsächliche Unübersichtlichkeit der Lage, die man heute etwa im Syrien-Konflikt erlebt. Insofern bot der Abend auch viel produktiven Stoff für die anschließende Diskussion in der ausverkauften Sparte vier. Für Hoffmann war es ein mehr als erfolgreiches Heimspiel, denn die Wahlberlinerin stammt von hier.

 

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